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Klimaschutz braucht private Investoren

Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte an eine Billion Euro für den Kampf gegen die Erderwärmung veranschlagt zu haben. Das Geld soll aus dem EU-Haushalt, den Mitgliedsstaaten, aber auch aus dem Privatsektor kommen. Doch obwohl Nachhaltigkeit boomt, zeigen sich viele Privatanleger zurückhaltend.

Im Pariser Abkommen von 2015 haben sich die Vereinten Nationen darauf geeinigt die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Wirtschaft und Bürger nicht nur Einschränkungen in Kauf nehmen, es muss auch viel investiert werden. Der Ausbau Erneuerbarer Energien, CO2–armer Verkehr oder Wärmedämmung von Häusern sind unabdingbar und brauchen Investitionen.

Ein aktueller Report des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) zeigt, dass 2018 in Deutschland nur 4,5 Prozent der insgesamt drei Billionen Euro schweren Investmentfonds an nachhaltigen Kriterien ausgerichtet waren. Davon stammte nur ein Bruchteil von sieben Prozent von Privatanlegern. Der Großteil der Investitionen kam also von Profi-Anlegern wie Pensionsfonds oder Versicherungsunternehmen.

Warum investieren Privatanleger so wenig?

Der Wirtschaftsprofessor Christian Klein von der Universität Kassel kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass normale Verbraucher nachhaltige Geldanlagen zwar spannend fänden, dennoch nicht in diese investierten. Gründe dafür seien neben fehlender Angebote des Bankberaters und unzureichender Informationen, auch Ängste vor einem Geldverlust.

Informationen zu Investitionen gibt es zwar genug, jedoch sind diese für den Verbraucher häufig undurchsichtig. Der Finanzexperte Thomas Küchenmeister, Vorstand von Facing Finance, kritisierte in einem Interview mit Die Zeit die Widersprüchlichkeit einiger Fonds: „Wenn man sich die Portfolios der meisten nachhaltig investierten Indexfonds genau ansieht, findet man sehr häufig Beteiligungen, die da nichts drin zu suchen haben, zum Beispiel aus der Ölbranche. Dies widerspricht klar einem nachhaltigen Ansatz.“

Grüne Fonds: Rekordwachstum auf niedrigem Niveau

Das Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG) verkündete kürzlich ein Rekordwachstum nachhaltiger Fonds: Wurden 2019 noch 65 Fonds mit ihrem hauseigenen FNG – Siegel für Nachhaltigkeit ausgezeichnet, sind es für 2020 schon 104.

Das FNG arbeitet mit dem sogenannten Best-in-Class-Ansatz. Dadurch wird keine Branche ausgeschlossen. Es werden alle Unternehmen berücksichtigt, die durch besondere Leistungen in Bereichen des Umweltschutzes oder des Sozialengagements hervorstechen. So kann auch eine Ölfirma das FNG-Siegel bekommen, wenn sie mit der saubersten Technologie arbeitet.

Das wiederum führt zu einer Unsicherheit der Anleger: Warum in Nachhaltigkeit investieren, wenn man sich nicht sicher sein kann, dass der Fonds mit den eigenen Wertevorstellungen übereinstimmt? Hinzu kommt, dass mit dem Investment auch ein für den Verbraucher nicht einschätzbares Risiko verbunden ist.

Wie groß ist das Risiko einer grünen Geldanlage?

Fakt ist: Das Investment in Nachhaltigkeit kostet keine Rendite. Das fanden Wissenschaftler der Universität Hamburg heraus. Sie werteten 2.250 empirische Studien aus und kamen zu dem Schluss: Mit nachhaltigen Anlagen wird das eigene Risiko sogar minimiert. Gerade für den Privatinvestor sehen die Chancen gut aus, denn einzelne Aktien oder Anleihen überzeugten oft sogar mit einer besseren finanziellen Performance. Gleichzeitig ist eine Investition in Nachhaltigkeit eine zukunftsfähige Entscheidung. Unternehmen aus der erneuerbaren Energiebranche arbeiten im Gegensatz zur Ölbranche sehr zukunftsorientiert.

Um dem Privatanleger mehr Sicherheit zu gewährleisten, fordern Verbraucherschützer und Nichtregierungsorganisationen vom Gesetzgeber festgelegte Mindestkriterien für nachhaltige Geldanlagen. Die Bundesregierung entwickelt sich in dieser Hinsicht tatsächlich ein Stück weiter. Seit Mitte dieses Jahres hat sie einen Sustainable-Finance-Beirat und versucht Deutschland als nachhaltigen Investment Standort zu etablieren. Dies beinhaltet auch nachhaltige Finanzprodukte für den Privatinvestor und dürfte den Weg für grüne Investments in Zukunft etwas einfacher gestalten.

Momentan müssen sich Verbraucher noch selbst über Vor- und Nachteile diverser Fonds informieren. Das soll sich in Zukunft durch bessere Informationen ändern, findet auch Thomas Küchenmeister. Der Finanzexperte betreibt neben seiner Nichtregierungsorganisation Facing Finance, mit der er Geschäftspraktiken der Kreditwirtschaft kritisiert und in seinem Fair Finance Guide offenlegt, das Portal Faire-Fonds.info. Dort kann der Verbraucher 3.800 Fonds auf Beteiligungen von Rüstungs- oder Ölkonzernen überprüfen und selbst entscheiden, in was er investiert.

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