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Corona-Pandemie Brasilien: Wie der Präsident zu den hohen Fallzahlen beiträgt

Brasilien verzeichnet derzeit 1,3 Millionen bestätigte Corona-Fälle und 57.000 Tote. Nur die USA haben momentan mit mehr Fällen zu kämpfen. Doch warum ist der Anstieg in Brasilien so rasant und fordert so viele Opfer? Was hat das Auftreten des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro damit zu tun und wie geht es den indigenen Völkern, die eigentlich weitestgehend abgeschnitten von dem Rest der Welt leben?

Brasilien ist das bevölkerungsreichste Land in Südamerika. Mit 210 Millionen Einwohner*innen sind hohe Sterberaten nicht erschreckend, doch auch im Verhältnis dazu hat das Land mit vielen Neuinfektionen zu kämpfen. Das Virus war erst eine Erkrankung der reicheren Bevölkerungssichten, die den COVID-19 Erreger aus Europa ins Land einschleppten. Mittlerweile ist die Corona-Erkrankung aber vor allem in den sozialen Unterschichten angekommen. Vor allem ländliche Regionen haben mit dem Virus zu kämpfen und leiden unter einem schlechten Zugang zu medizinischer Versorgung, weswegen eine frühe Behandlung oft ausbleibt. Aber auch die Politik des Präsidenten Jair Bolsonaro hat mit dem Ausmaß und der Verbreitung des Virus zu tun. Er beschrieb den Corona-Erreger mehrmals als eine „kleine Grippe“ und stufte die Ernsthaftigkeit der Situation als sehr gering ein. Außerdem wehrte er sich gegen die Maskenpflicht im öffentlichen Raum und in Verkehrsmitteln in der Hauptstadt Brasília. Ein Bundesrichter entschied aber, dass auch der Präsident nicht gegen die Maskenpflicht verstoßen darf und ordnete hohe Geldstrafen an, falls er dagegen verstoßen sollte. Die Pflicht zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes wurde zuvor vom Gouverneur der Hauptstadt als verpflichtend verordnet. Auch bei öffentlichen Auftritten ignorierte Bolsonaro regelmäßig die Abstandsreglungen, schüttelte seinem oder seiner Gegenüber die Hand oder machte Selfies mit seinen Anhänger*innen.

Auch die indigenen Völker leiden unter dem Präsidenten und dem Corona-Virus. In Brasilien leben ungefähr 208 indigene Völker, bei denen das Virus offenbar auch angekommen ist. Gerade indigene Gruppen und Urvölker sind besonders gefährdet, da ihr Immunsystem für das Virus anfälliger ist. Vermutlich haben Indigene selber das Virus mit in ihre Völker gebracht, als sie in der Stadt waren und zurück zu ihrem Stamm kamen. Aber auch illegale Eindringlinge, wie Goldsucher, Holzfäller oder Jäger könnten das Virus zu den Ureinwohner*innen geschleppt haben. Die Stimmen, die nach der Vertreibung dieser Kriminellen riefen, wurden nun lauter, doch die Regierung stellt sich dagegen. Sie wollen stattdessen ein Gesetz initiieren, was illegale Landnahme im Nachhinein legalisieren soll. Somit würde die Rodung des Amazonas-Regenwaldes, wo viele indigene Völker leben, noch weiter voranschreiten. Abgesehen von massiven Umwelt- und Klimaproblemen, die damit zusammenhängen, würde auch der Lebensraum der indigenen Bevölkerungsgruppen noch mehr eingeschränkt werden und es würde weiterer Kontakt zu möglichen Krankheitsüberträger*innen aufgebaut werden. Bis Ende Mai waren laut der Indigenen-Vereinigung APIB 38 indigene Völker von dem Virus betroffen, die insgesamt 92 Tote verzeichneten. Insgesamt gibt es rund 500.000 Indigene in Brasilien.

Auch der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles schloss sich den Vorhaben des Präsidenten an und verkündete: „Wir haben in diesem Moment die Gelegenheit, alle Regelungen zu ändern und die Vorschriften zu vereinfachen.“ Der Minister bezieht sich auf die Freigabe von Teilen des Regenwalds für Bergbau- und Agrarindustrie. Laut dem Nationalen Institut für Weltraumforschung in Brasilien wurden allein von Januar bis April 2020 rund 1200 Quadratkilometer Regenwaldfläche illegal abgeholzt. Diese Fläche entspricht 120.000 Fußballfeldern. Während der Emissions-Ausstoß in anderen Ländern aufgrund der Ausgangsbeschränkungen sogar sinkt, könnte der CO2 Ausstoß aufgrund der Abholzung in Brasilien um 10 bis 20% ansteigen, wie das Klimaschutz-Netzwerk Observatório do Clima mitteilte. Die fortschreitende Rodung des Regenwalds findet vor allem in Zeiten der Pandemie abseits der breiten Öffentlichkeit statt.

Südamerika hat generell viel mit dem Virus zu kämpfen. Die Gründe dafür sind vielschichtig, aber beziehen sich vor allem auf fehlende Gelder und Infrastruktur oder schlechten Zugang zu medizinischer Versorgung. Auch das Nachbarland Peru verzeichnet rund 9.000 Todesfälle und Chile knapp 5.500. Brasilien leidet jedoch am meisten und das auch vor allem wegen ihrem rechtsgerichteten, autokratischen Präsidenten, der das Land in eine größere Krise zu führen scheint.

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