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Die Deutsche Telekom plant ein Mobilfunknetz aus der Stratosphäre

Nach einer erfolgreichen Testphase will die Deutsche Telekom ihre Kunden mit einer fliegenden Plattform auch in abgelegen Regionen der Welt mit Handy- und Internetempfang versorgen.

In Kooperation mit dem britischen Startup Stratospheric Platforms Limited (SPL) war es der Deutschen Telekom gelungen, Sprach- und Datenverbindungen in 4G-Qualität über eine fliegende Plattform am Rand der Stratosphäre zu übertragen. Der Dax-Konzern teilte vergangene Woche mit, dass die Übertragung bei Testversuchen Anfang Oktober in einer Höhe von 14 Kilometer erfolgreich war. Dabei wurde ein Smartphone über die Antennen am Flugzeug mit dem terrestrischen Mobilfunknetz der Telekom verbunden. Es konnten Voice-over-LTE-Anrufe, Videoanrufe, Datendownloads und Web-Browsing auf einem Standard-Smartphone durchgeführt werden. „Wir haben gezeigt, dass wir zukünftig schnelles Internet und Konnektivität überall hinbringen können“, sagte der Chef der Telekom-Infrastrukturtochter Deutsche Funkturm, Bruno Jacobfeuerborn, der auch im Aufsichtsrat von SPL sitzt.

Die Deutsche Telekom möchte damit auch den Empfang von Mobilfunk und Internet in entlegeneren Regionen ermöglichen. Getragen werden die Plattformen von ferngesteuerten Flugzeugen, die damit das bestehende Mobilfunknetz am Boden ergänzen sollen. Laut dem Bonner Unternehmen kann das Flugzeug mit speziellen Antennen, durch die Höhe und die nahezu freie Sicht auf den Boden, Funkzellen von bis zu 100 km Durchmesser versorgen. Vor allem in Bereichen, die beispielsweise durch geografische Höhenzüge bislang als Funkloch galten, wäre mit der fliegenden Plattform zukünftig eine Mobilfunknutzung möglich. Der Kunde soll davon laut Telekom nichts mitbekommen. Der Übergang der Verbindung vom klassischen Mobilfunkmast zu einer fliegenden Antenne werde fließend sein.

„Gerade in Bereichen, die durch klassische Mobilfunkmasten nur schwer zu erschließen sind, werden fliegende Basisstationen eine sinnvolle und kosteneffiziente Ergänzung unseres Mobilfunknetzes sein“, teilte Jacobfeuerborn mit. Derzeit arbeitet SPL, deren größter Anteilseigner die Telekom ist, an der Entwicklung eines wasserstoffbetriebenen, ferngesteuerten Flugzeugs, der damit verbundenen Kommunikationskapazität und der zugehörigen terrestrischen Infrastruktur, hieß es in der Pressemitteilung des Mobilfunkanbieters. Als mobiler Funkmast in der Stratosphäre sollen 4G- und 5G-Netzabdeckungen ermöglicht werden. Nach Angaben von SPL wird die Plattform etwa 60 Meter breit werden und rund 3,5 Tonnen wiegen.

Bislang hatten vor allem die großen amerikanischen Technologie-Konzerne Facebook und Google mit ähnlichen Projekten die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Facebook hatte erstmals 2016 einen Testversuch mit der eigens entwickelten Aquila-Drohne gestartet. Ziel war es, ähnlich wie bei der Deutschen Telekom, die Internetverbindung auch in abgelegene Regionen der Welt auszuweiten. Allerdings endete der erste Testflug mit einer Bruchlandung. Beim Landeanflug gab es laut einem Bericht amerikanischer Absturzermittler starke Turbulenzen – und eine falsche Entscheidung der Autopilot-Software führte dazu, dass ein mehrere Meter langer Abschnitt des Flügels brach. Sekunden später sei die Drohne auf dem Boden eingeschlagen. Obwohl der zweite Testversuch im Jahr 2017 erfolgreich war, entschied das Unternehmen, die Eigenentwicklung einzustellen und stattdessen mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Google hatte zunächst ein konkurrierendes Projekt ins Leben gerufen und große Drohnen für eine bessere Internetverbindung eingesetzt. Allerdings seien die technologischen Herausforderungen des Unternehmens zu groß. Der größte Suchmaschinenanbieter der Welt verfolge aber weiterhin das Ziel, die Internetversorgung aus der Luft auszubauen. Nur setzen sie dabei auf die sogenannten „Loon-Balloons“. „Connect people everywhere“, lautet das Motto der Mobilfunkballons. Knapp die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zum Internet. Die Loon-Balloons sollen Menschen, Dinge und Orte weltweit mit dem Internet verbinden, hieß es auf der Webseite des Projekts. Außerdem seien sie besser geeignet als die Drohnen, erklärte das Unternehmen damals. Sie wurden – in Zusammenarbeit mit Mobilfunk-Anbietern – unter anderem in Puerto Rico eingesetzt, um Netzausfälle nach dem Hurrikan Maria zu beheben. Inzwischen werden aber auch Projekte in afrikanischen Staaten wie Kenia oder Mosambik umgesetzt.

Die Deutsche Telekom möchte mit ihrem fliegenden Mobilfunkmast nachziehen. Aktuell befindet sich SPL nach eigenen Angaben mitten in Gesprächen für eine neue Finanzierungsrunde. Den ersten Flug plant das vor sechs Jahren gegründete Start-up für Mitte 2022. Ab 2024 soll dann das operative Geschäft starten.

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