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Deutschland bohrt Budgets auf – Milliarden für Zivilschutz und Atombunker

Die Bundesrepublik plant eine massive Ausweitung ihrer Zivilschutzmaßnahmen. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung sollen nun wieder Schutzräume instand gesetzt, neue Bunker gebaut und zivile Notfallinfrastruktur modernisiert werden. Die Entscheidung folgt auf eine Serie sicherheitspolitischer Krisen, zuletzt die eskalierende Bedrohung durch Russland und eine wachsende Debatte über Deutschlands Verteidigungsfähigkeit im Ernstfall.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte Anfang Juni ein Investitionspaket von bis zu 30 Milliarden Euro an, das sich über die nächsten zehn Jahre erstrecken soll. „Die sicherheitspolitische Lage hat sich drastisch verändert. Unsere zivile Verteidigungsbereitschaft muss mit dieser Realität Schritt halten“, sagte Faeser auf einer Pressekonferenz in Berlin. In einem ersten Schritt sollen bis Ende 2026 rund 200 Bunker reaktiviert werden – ein Vorhaben, das logistisch wie symbolisch ein Umdenken bedeutet.

Denn seit dem Ende des Kalten Krieges galt der flächendeckende Zivilschutz in Deutschland als überholt. Viele der alten Schutzräume wurden aufgegeben, verkauft oder umgewidmet. Von ursprünglich über 2.000 Bunkern im Bundesgebiet sind derzeit nur noch etwa 580 nutzbar – viele davon mit massiven Mängeln bei Lüftung, Versorgung und Stabilität. Das will die Regierung nun grundlegend ändern. Dabei wird nicht nur saniert, sondern auch neu gebaut: in urbanen Ballungsräumen sollen moderne Mehrzweckanlagen entstehen, die Schutz mit logistischer Versorgung und Kommunikation kombinieren.

Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Bereichen rund um Berlin, Frankfurt und den industriellen Knotenpunkten in Nordrhein-Westfalen. Der Bund arbeitet eng mit Ländern und Kommunen zusammen, um Standorte zu identifizieren, Flächen zu sichern und Pläne zu beschleunigen. Die Finanzierung erfolgt teilweise aus dem Klima- und Transformationsfonds sowie dem Sondervermögen Bundeswehr, was allerdings politisch umstritten ist.

Kritik kommt von Opposition und Experten. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach von „symbolischer Aufrüstung ohne sozialen Nutzen“. Auch die Grünen zeigen sich gespalten: Während Parteichef Omid Nouripour die Maßnahme als „vernünftig“ einordnet, fordern andere Stimmen eine stärkere Einbindung der Bevölkerung durch Aufklärungskampagnen statt „Angstszenarien“.

Die Bevölkerung selbst reagiert gemischt. Laut einer Umfrage des ZDF-Politbarometers befürworten 62 Prozent der Deutschen die Wiederbelebung des Zivilschutzes, 28 Prozent halten sie für überzogen. Besonders unter jüngeren Menschen dominiert Skepsis: Der Begriff „Bunker“ wirkt aus der Zeit gefallen und ruft eher Assoziationen an postapokalyptische Filme als an reale Sicherheitsvorsorge hervor.

Doch Sicherheitsexperten wie Carlo Masala sehen im Vorstoß ein notwendiges Signal. „Wir erleben eine Phase hybrider Bedrohungen – von Cyberangriffen über Stromausfälle bis hin zu militärischen Risiken. Der Schutz der Zivilbevölkerung muss integraler Bestandteil einer modernen Sicherheitsarchitektur sein“, sagt der Politikwissenschaftler von der Bundeswehr-Universität München.

Parallel zum Bunkerprogramm wird auch die Notfallkommunikation ausgebaut. Sirenennetze, SMS-Warnsysteme und die Kooperation mit Plattformen wie Cell Broadcast stehen im Fokus. Die nächste bundesweite Katastrophenschutzübung ist für Herbst 2025 geplant – und soll zeigen, wie gut Deutschland auf den Ernstfall vorbereitet ist.

Was lange als überholt galt, wird nun zur strategischen Notwendigkeit. Der neue Fokus auf Zivilschutz zeigt, dass Sicherheitspolitik nicht nur auf Schlachtfeldern entschieden wird – sondern auch in Kellern und unterirdischen Gängen.

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