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Macht „Der Spiegel“ jetzt einfach weiter wie gehabt?

Wo bleibt der öffentliche Aufschrei der Leser? Wo der Zorn der anderen Verlage, die sich in ihrer Arbeit betrogen fühlen müssten?  Business as ususal – oder anders gesagt: Mund abwischen und weiter im Text, als wäre nichts gewesen. Das kann es doch wohl nicht sein. „Der Spiegel“ hat einen Skandal von ungeheurem Ausmaß zu verantworten, verursacht durch einen ihrer Chefreporter, aber irgendwie scheint es, als würde kaum noch jemand darüber sprechen und man wäre beim Verlagshaus darum bemüht, still und leise den „Mantel des Schweigens“ über die Angelegenheit zu breiten, damit sich die Sache Claas Relotius still und leise im Sande verlaufen möge. Aber da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, denken wir. Wenn der Lügenbaron C. Relotius als enttarnter Schmierenschreiber für ein hochrangiges Politmagazin jahrelang Geschichten und Zitate erfunden und Wahrheiten verdreht und manipuliert hat und damit gleichzeitig Meinungen, Gedanken und Diskussionen beeinflusst hat, dann ist es an der Zeit, dass zumindest die Leser des Magazins ein klares Zeichen setzen, und den Kauf des „Blattes“ in den kommenden Ausgaben verweigern. Nicht umsonst hat der amerikanische Botschafter in Berlin gefordert, dass Aufklärung erfolgen muss und dass man der Öffentlichkeit Erklärungen abgeben sollte, wie man den entstandenen Schaden zu reparieren gedenkt – schließlich sei auch Amerika durch Reportagen irgendwie in die Sache verwickelt. Schließlich ist der Spiegel oft genug zitiert worden, hat öffentliche und private Diskussionen beeinflusst und wurde in seiner Argumentation als glaubhafte Wahrheit verkauft. Sowohl im Fernsehen als auch in anderen Zeitungen und auch wahrscheinlich in Schulen und Universitäten – als auch in anderen Ländern.

Wer zukünftig das Magazin zitieren will, sollte vorsichtig sein, ob diese Zitate einer authentischen und wahrhaftigen Grundlage entsprechen. Offensichtlich sind die Kontrollgremien beim Spiegel-Verlag nicht in der Lage, den Wahrheitsgehalt der Geschichten und Berichte zu verifizieren. Und wenn dass der Fall ist, ist der hohe Anspruch, den das Magazin nach außen vorgibt zu repräsentieren, eine Farce. Und gleichzeitig Schall und Rauch.

Es ist eigentlich viel zu wenig, dass der Spiegel nun versucht, die Verfehlungen seines Wortakrobaten Relotius zu entschlüsseln, um die Tricks und Schummeleien ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Frei nach dem Motto: „Wir verschweigen  nichts, sondern decken die Hintergründe unseres „Märchenerzählers“ lückenlos auf.“ Aber reicht das aus? Welche Gewähr haben Deutschlands Leser und solche in anderen Ländern, dass nicht auch andere Reporter des Spiegel gelogen, fantasiert und erfunden haben, nur um Themen besser zu verkaufen oder spannender zu gestalten? Der Spiegel hat derzeit ein echtes Problem, eines das man nicht mit ein paar Beschuldigungen und Entschuldigungen vom Tisch wischen kann. In dieser Form ist der Spiegel glatt unglaubwürdig und kann eigenen und auch öffentlichen Ansprüchen nicht genügen. Ein Nachrichtenmagazin, das sich jahrelang gerühmt hat für seine „Dokumentations-Abteilung“, der nicht der kleinste Fehler in den Reportagen entgeht. Eine Comliance-Abteilung, die lediglich „Dienst nach Vorschrift“ zu machen scheint, und all das durchwinkt, von dem man annimmt, dass der Inhalt wohl stimmen wird. Unglaublich und untragbar. Wann rollen erste Köpfe beim Verlag? Wann muss ein Chefredakteur die Verantwortung übernehmen? Es ist völlig unzureichend, dass Vertragsgespräche derzeit auf Eis gelegt wurden, bei dem es um neue Arbeitsverträge mit Rahmenlaufzeiten geht, die Chefredakteur Ullrich Fichtner und Matthias Geyer (Ressort Gesellschaft) betreffen. Solche Leute müssten vorerst beurlaubt werden, bis der ganze Schaden aufgearbeitet worden ist und die Leser und damit Käufer des Magazins wieder glaubhafte und wahrheitsgetreue Reportagen und Dokumentationen zu lesen bekommen. Hinter dem Spiegel steht derzeit ein großes Fragezeichen. In wieweit hat man das Vertrauen und das Interesse der Leser an ehrlicher Berichterstattung missbraucht und fahrlässig in den journalistischen Schmutz getreten? Dazu gehörten ja besonders auch die großen politischen und gesellschaftlichen Themen, die ohnehin besonders emotional in Deutschland diskutiert werden. Dazu zählen brisante Themen wie die Flüchtlingskrise und ihre Folgen, der Klimawandel und auch die Politik von Donald Trump. Der saubere Herr Relotius schrieb, wie man nun weiß, nicht was gewesen ist, sondern was seiner Meinung nach sein oder passieren sollte. Zwischen 2011 und 2018 schrieb er 59 Artikel, von denen derzeit 28 geprüft wurden und 15 davon erlogen und erstunken waren, wo der Reporter seiner Fantasie freien Lauf gelassen hat und manipuliert und gefälscht hat. Sieben seiner derzeit inhaltlich geprüften Beiträge sollen laut Spiegel-Verlag ohne Beanstandungen gewesen sein. Und dafür hat man diesen Journalisten in den Jahren mit Preisen und Auszeichnungen überschüttet. 13 waren es an der Zahl, zuzüglich Preisgelder in Höhe von etwa 40.000 Euro. Es muss heute davon ausgegangen werden, das Claas Relotius sozusagen beim Verlag einen Freibrief hatte und mit allem durchgekommen ist, was er eingereicht hat. Zur Prüfung eingereicht, die nicht stattgefunden hat.

Wer kann jetzt noch ernsthaft den Spiegel kaufen?

Man muss davon ausgehen, dass Spiegel-Leser das Magazin kaufen, um Reportagen und Geschichten zu lesen, die sie dann für ihr weiteres Leben, ihren Alltag oder ihren Beruf oder  Ausbildung verwenden. Dass sie die gelesenen Inhalte als wahr und authentisch auffassen, denn diese wirken meinungsbildend auf die Leser ein. Wir sprechen hierbei von einer wöchentlichen Auflage von über 720.000 Exemplaren, die es erforderlich macht, publizierte Nachrichten und Informationen bis ins Detail auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Aber wer sagt einem, ob nicht all das Geschriebene frisiert wurde und haarscharf an der absoluten Wahrheit vorbeigeht? Der STERN-Skandal aus den 80er Jahren mit gefälschten Hitler-Tagebüchern war ein „Boulevard-Krimi“ der sich um eine Sache drehte, beim Spiegel aber wurden systematische Inhalte verfälscht und ahnungslose Leser langfristig über Jahre getäuscht und betrogen. Das hat eine andere Dimension. Eine, die ein viel größeres Ausmaß hat und Konsequenzen verlangt. Und harte Strafen mit sich ziehen sollte. Wo bleibt der Einspruch des deutschen „Presserates“? Die Institution, die genau diese Vorkommnisse überwacht und sanktioniert. Schließlich ist einer der wichtigsten Leitsätze dieses Gremiums: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Man kann gespannt sein, ob auch diese Problematik nach „deutscher Art“ wieder nur ausgesessen wird, oder ob sich eine Lobby gegen den Spiegel-Journalismus bildet und das Magazin die Folgen seiner Verfehlungen deutlich spüren lässt.

Wir haben dazu mit dem Geschäftsführer der Berliner Reputations-Agentur RH Reputation GmbH, Leonhard Reetz, gesprochen und gefragt, was er in diesem Fall dem „Spiegel“ empfehlen würde, um den entstandenden, riesigen Reputations-Schaden „in Grenzen“ zu halten. L. Reetz empfiehlt: „Wenn so ein Vorfall die Glaubwürdigkeit eines renommierten Verlages erschüttert, dann kann es nur eines für die Verantwortlichen geben, nämlich in die Offensive zu gehen. Zuerst einmal würde ich der Öffentlichkeit erklären, was der „Spiegel“ verändern wird, damit solche Betrügereien nicht mehr vorkommen. Mit dem Hinweis, wie man z.B. die Kontrollgremien verbessern wird, um die Text-Inhalte und deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Und ich würde die nächste Spiegel-Ausgabe zu einem symbolischen „Wiedergutmachungs-Preis“ von beispielsweise 1 Euro anbieten, um zu zeigen, dass es dem Magazin ernst ist, Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig kann man so eventuell noch neue Leser gewinnen, die diesen symbolischen Preis nutzen, um das Journal kennenzulernen. Im besten Sinne also dieses Imageproblem als Chance nutzen, um präventiv und zukunftsweisend grundlegende Mechanismen beim Verlag zu verändern.“

1 COMMENTS

  1. Wie fühlen sich eigentlich die ganzen Wichtigtuer, die den „Spiegel“ lesen als ihre politische Bildungsinstanz? Die glauben, sie würden auf hohem Niveau kommunizieren und sich weiterbilden. Nix ist, sie hätten sich auch die Neuauflagen der Gebrüder Grimm kaufen können… Da kommt Schaden-Freude auf. Aber den „Spiegel“ kannste wirklich in die Tonne drücken…

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