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Kremlkritiker Nawalny muss nach Gerichtsurteil für 30 Tage in Haft

Der aus Deutschland zurückgekehrte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny wurde in einem improvisierten Gerichtszimmer in einer Polizeiwache dem Richter vorgeführt. Das Urteil: 30 Tage Haft. Ihm werden Verstöße gegen Meldeauflagen aus einem früheren Prozess vorgeworfen.

Die russische Regierung zögerte nicht und machte dem zurückgekehrten Kremlgegner Alexej Nawalny umgehend den Prozess. Nach seiner Rückkehr von Berlin nach Moskau hatte zunächst jede Spur von dem 44-jährigen gefehlt. Vergangenen Montag wurde er dann in eine Polizeiwache gebracht, die kurzerhand in einen provisorischen Gerichtssaal umfunktioniert wurde.

In einem Video bei Twitter kritisierte Nawalny, dass die Justiz in Russland eine neue Stufe der „Gesetzlosigkeit“ erreicht habe. „ich habe oft gesehen, wie der Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen wird, aber dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich inzwischen so sehr …, dass nun einfach der Strafprozesskodex zerrissen und auf die Müllhalde geworfen wird“, teilte Nawalny in dem Video via Twitter mit. Mit dem „Opi in seinem Bunker“ spielt der Kreml-Kritiker auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin an. „Es ist unmöglich, was hier passiert.“ Auch Juristen kritisierten die Vorgehensweise als selbst für russische Verhältnisse beispiellos. Nawalnys Anwälte hatte unmittelbar vor Beginn der Gerichtsverhandlung in der Polizeiwache ein Schreiben erhalten, sodass sich niemand hatte vorbereiten können. Bis dahin hatte von dem Oppositionellen jede Spur gefehlt, wie seine Mitarbeiter und Anwälte erklärten.

Der Vorwurf lautete, dass Nawalny, während er nach seiner Vergiftung in Deutschland behandelt wurde, gegen Meldeauflagen verstoßen habe. Der Prozess zu den Vorwürfen ist für Anfang Februar geplant. Bis dahin soll der Regierungsgegner in einer Art Untersuchungshaft bleiben, wie die Richter am Montag entschieden hatten. Die Behörden wollen dazu die ursprüngliche Bewährungsstrafe in tatsächliche Haft umwandeln lassen. Nawalny kritisiert die Vorgehensweise seiner Regierung als gegen ihn politisch motiviert.

Die Oppositionsführer kritisierten das Verfahren als politische Inszenierung mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen. „Das lässt sich nicht einmal als eine Parodie auf Gesetzmäßigkeit bezeichnen“, sagte Kira Jarmysch, eine Sprecherin Nawalnys. Sein Anwalt, Wadim Kobsew, kündigte bereits an, die Entscheidung der Richter anzufechten. Derweil rief Nawalny seine Unterstützerinnen und Unterstützer zu Protesten gegen die Regierung auf. „Habt keine Angst, geht auf die Straße – nicht für mich, sondern für euch, für eure Zukunft“, appellierte der Kreml-Kritiker in einem Video via YouTube.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilt die Verhaftung Nawalnys scharf und fordert seine sofortige Freilassung. „Die russischen Behörden haben das Opfer eines Mordanschlags mit Chemiewaffen verhaftet – und nicht die Täter“, erklärte der Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Die Bundesregierung ruft die russische Regierung daher nachdrücklich dazu auf, erstens Herrn Nawalny unverzüglich freizulassen; und zweitens die Umstände des Chemiewaffenangriffs auf russischen Boden vollumfänglich aufzuklären.“

Auch andere EU-Staaten forderten die russische Regierung dazu auf, Nawalny aus der Haft zu entlassen. In einer gemeinsamen Erklärung warten sie zudem die russische Regierung vor weiteren Repressionen gegen die Opposition und Zivilgesellschaft. „Die Politisierung Justiz ist inakzeptabel, und die Recht von Herrn Nawalny müssen respektiert werden“, forderte Joseph Borrell Fontelles, hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik.

Die Inhaftierung Nawalnys bestärkt die EU in dem negativen Bild, dass die Opposition, die Zivilgesellschaft und unabhängige Stimmen in Russland immer kleiner werden. Die EU wirft Russland zudem die Verhaftung und Inhaftierung von Journalisten und Unterstützern Nawalnys vor. Auch ihre Freilassung wird gefordert, wie aus einer Erklärung Borrells hervorging.

Nawalny wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt. Zuletzt wurde er nach seiner Rückkehr aus Deutschland nach Moskau festgenommen, da er während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Bewährungsauflagen verstoßen habe. Der Kreml-Kritiker hatte sich in den vergangenen fünf Monaten in Deutschland von einem Giftanschlag erholt. Die Charité bestätigte im vergangenen September, dass es sich bei dem Stoff um das Nervengift Nowitschok handelte. Im Dezember 2020 hatte Nawalny in einem Telefonat ein Geständnis der Täter entlocken können, da er sich als Assistent des Chefs des russischen Sicherheitsrats ausgab. Während des Telefonats gestand der FSB-Agent Kudrjawzew, das Gift sei an den Innennähte der Unterhose angebracht gewesen. Nawalny habe den Anschlag nur überlebt, weil der Pilot zu schnell eine Notlandung veranlasst hatte.         Kudrjawzew gab an, gemeinsam mit einem weiteren FSB-Agenten nach Omsk gereist zu sein, um dort Kleidungsstücke von Nawalny einzusammeln und Spuren des Gifts zu beseitigen.

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