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Adipositas: Eine wachsende Volkskrankheit mit weitreichenden Folgen

Adipositas, umgangssprachlich auch als Fettleibigkeit bekannt, zählt zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert Adipositas als chronische Erkrankung, die mit einem übermäßigen Fettansatz im Körper einhergeht. Die medizinische Einstufung erfolgt anhand des Body-Mass-Index (BMI): Liegt dieser über 30, spricht man von Adipositas.

Laut aktuellen Daten der WHO sind weltweit mehr als 1 Milliarde Menschen adipös – davon etwa 650 Millionen Erwachsene, 340 Millionen Jugendliche und 39 Millionen Kinder. In Europa ist mittlerweile fast jeder fünfte Erwachsene von Adipositas betroffen. In Deutschland liegt die Quote laut dem Robert Koch-Institut (RKI) bei etwa 23 % der Männer und 24 % der Frauen. Bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren sind rund 6 % adipös – Tendenz steigend.

Die Ursachen für Adipositas sind vielschichtig. Neben übermäßiger Kalorienzufuhr und Bewegungsmangel spielen auch genetische, hormonelle und psychosoziale Faktoren eine Rolle. Ein moderner Lebensstil mit hoher Verfügbarkeit stark verarbeiteter Lebensmittel, kombiniert mit sitzenden Tätigkeiten, trägt entscheidend zur Entwicklung der Krankheit bei. Auch Stress, Schlafmangel und psychische Belastungen können das Essverhalten negativ beeinflussen.

Die gesundheitlichen Folgen von Adipositas sind gravierend. Betroffene haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und bestimmte Krebsarten wie Darm-, Brust- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs. Darüber hinaus leiden viele Menschen mit Adipositas unter Gelenkbeschwerden, Atemwegserkrankungen und einer verringerten Lebensqualität. Auch die psychische Belastung ist nicht zu unterschätzen: Depressionen, soziale Ausgrenzung und ein gestörtes Selbstbild sind häufige Begleiterscheinungen.

Die ökonomischen Auswirkungen sind enorm. Schätzungen zufolge verursachen Adipositas-bedingte Erkrankungen jährlich Milliardenkosten für das Gesundheitssystem. In Deutschland belaufen sich die direkten und indirekten Kosten auf rund 63 Milliarden Euro pro Jahr. Diese umfassen nicht nur Behandlungskosten, sondern auch Arbeitsausfälle, Frühverrentungen und Pflegeleistungen.

Die Bekämpfung von Adipositas erfordert ein umfassendes gesellschaftliches Umdenken. Prävention spielt dabei eine zentrale Rolle. Maßnahmen wie gesundheitsfördernde Schulverpflegung, Aufklärungskampagnen, die Förderung von Bewegung im Alltag sowie strengere Regulierung von Werbung für ungesunde Lebensmittel sind notwendig. Auch die Lebensmittelindustrie ist gefordert, durch weniger Zucker, Fett und Salz in ihren Produkten zu einem gesünderen Angebot beizutragen.

Für bereits Betroffene bieten Ärzte, Ernährungsberater, Psychologen und Bewegungstherapeuten interdisziplinäre Programme an. In schweren Fällen kann auch eine bariatrische Operation – wie ein Magenbypass – in Erwägung gezogen werden.

Adipositas ist kein individuelles Versagen, sondern eine komplexe chronische Krankheit mit vielen Ursachen. Die Gesellschaft muss lernen, differenzierter damit umzugehen und langfristige Lösungen zu entwickeln – denn nur so kann man den Teufelskreis aus Gewichtszunahme, Krankheit und sozialer Stigmatisierung durchbrechen.

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