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Das Patientenzimmer der Zukunft – Innenarchitektur als neuer Infektionsschutz im Krankenhaus

Ein neugebautes Patientenzimmer soll die Gefahr reduzieren, sich während eines Krankenhausaufenthaltes mit multiresistenten Keimen zu infizieren. Die Technische Universität Braunschweig hat dafür einen Prototyp entwickelt.

KARMIN heißt das Projekt der TU Braunschweig. Ein Team aus Architekten, Molekularbiologen und Medizinern hat sich auf einem anderen Weg mit der Bekämpfung von Krankenhauskeimen beschäftigt. „Eine infektionssichere Planung eines Zweibettzimmers inklusive Nasszelle“, hieß es auf der Projektseite der TU Braunschweig. Forschungsziel war es herauszufinden, ob „als Reaktion auf das vermehrte Auftreten von multiresistenten Erregern in Deutschland in der Zukunft in Krankenhäusern wesentlich mehr Einbettzimmer errichtet werden sollten oder alternativ Zweibettzimmer so ertüchtigt werden können, dass sie auch im Sinne der Infektionsprävention eine Alternative darstellen.“ Zweibettzimmer bieten den Vorteil, dass mehr Patienten aufgenommen werden können, als in isolierten Einbettzimmern. Allerdings steigt die Gefahr mit mehr Patienten in einem Raum, sich während des Aufenthaltes mit einer Infektion anzustecken.

Dafür fand das Team der TU Braunschweig eine mögliche Alternative und baute einen Prototyp des modernen Zweibettspitals. Mit geschickter Raumplanung und der Umgestaltung der hygienerelevanten Gegenstände kann die Übertragung von Keimen verhindert werden. Die Materialien mussten leicht zu reinigen sein und die Aufstellung von Kleinigkeiten, wie der Beleuchtung oder der Position der Desinfektionsmittelspender mussten akkurat geplant werden. Hinzu kam auch ein zweites Bad. Aktuell verfügen Zweibettzimmer in Krankenhäusern nur über eine Nasszelle. Mit einer zweiten könnten bessere Hygienevoraussetzungen geschaffen werden, die einer Übertragung und Infektion vorbeugen. Kritiker bemängeln die zusätzlichen Kosten für ein weiteres Bad in jedem Patientenzimmer. Allerdings wird davon ausgegangen, „dass die Mehrkosten für die zweite Nasszelle dadurch ausgeglichen werden, dass Kosten für eventuelle Infektionsbehandlungen wegfallen“, teilte der KARMIN-Projektleiter und Architekt Dr. Wolfgang Sunder vom Institut für Industriebau und Konstruktives Entwerfen (IIKE) der TU Braunschweig mit.

Ein bahnbrechendes Projekt, das die Patientenversorgung nicht nur optimiert, sondern tatsächlich Leben retten kann. Krankenhausinfektionen werden in den Kliniken immer häufiger zum Problem. Wer als Patient ins Krankenhaus kommt, rechnet nicht damit, sich zur eigentlichen Erkrankung auch noch eine Krankenhausinfektion einzufangen. Besonders für Patienten mit geschwächtem Immunsystem können die Keime lebensgefährlich werden. Jedes Jahr bekommen in Deutschland durchschnittlich 500.000 Menschen eine Krankenhausinfektion. Mehr als 30.000 davon wurden durch multiresistente Keime verursacht. Problematisch daran ist, dass diese Keime oftmals nicht mehr auf eine Antibiotika-Therapie reagieren, was die Behandlung erschwert. Ist der Patient zusätzlich geschwächt, weil die eigene Abwehr nicht mehr richtig funktioniert, kann eine solche Infektion den Tod bedeuten. Jährlich sterben rund 15.000 Menschen an einer Krankenhausinfektion.

Aufgrund der Übertragungsgefahr dürfen Patienten mit einem Keim nicht in Mehrbettzimmern untergebracht werden, sondern müssen in einem Einbettzimmer isoliert werden. Dadurch können sich andere Patienten zwar nicht mehr infizieren, allerdings geht damit auch ein größerer Arbeitsaufwand und höhere Kosten einher. Die optimale Lösung sowohl für das Personal als auch für die Patienten liegt demnach in der Prävention der Krankenhausinfektionen. „Architektur und Design kann einen wichtigen Beitrag zur Hygiene im Krankenhaus leisten, wenn baulicher Infektionsschutz bei der Planung und dem Betrieb von Krankenhäusern berücksichtigt wird“, erklärte Dr. Sunder.

Der Prototyp des Patientenzimmers wurde in Kooperation mit dem bayerischen Unternehmenspartner Röhl und 17 weiteren Industriepartnern gebaut. Auch die Charité Berlin und das Universitätsklinikum Jena gehören zu den Verbundpartnern. „Der Demonstrator soll von Klinikmitarbeiterinnen und Klinikmitarbeitern sowie einem Expertenteam bewertet werden“, sagte Dr. Sunder. „Vor allem die Reinigungs- und Behandlungsabläufe wollen wir noch einmal genau unter die Lupe nehmen.“

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